Geld

Geld. Kein schönes Wort. Von meinem Unterbewußtsein eher negativ konnotiert. So wie manche Menschen zu Übergewicht neigen, tendiere ich zu einem Leben in permanent angespannter Finanzlage. Ich verbeuge mich in stiller Ehrfurcht vor allen die es schaffen ihre Goldmünzen zusammenzuhalten. Ich rede nicht von Erbschleicherinnen und Herren die vermögende Damen ehelichen um der Armut zu entrinnen. Auch nicht von denjenigen, die durch Losglück in Besitztümer hineingeboren werden. Nein, ich rede von denen, die die Effizienz und Disziplin besitzen mit ihren mittleren Einkommen Rücklagen zu bilden, aus denen Haus- und Hofkaufrechnungen beglichen werden. So weit ich auch zurückblicke, ich war immer pleite. Knapp bei Kasse. Nennt es wie ihr wollt. Gespräche über Depots mit dynamischem Zins ermüden mich zutiefst. Lenkt ein Anlageberater das Thema auf Wertpapiere schalte ich ab und male Strichmännchen ins Haushaltsbuch. Ich vermute einen genetischen Defekt und fordere eine pränatale Pflichtuntersuchung um der Sache ein für allemal Herr zu werden. Möglicherweise wäre die Wissenschaft ja in der Lage diesbezügliches Unheil zu vermeiden, so wie sie es in vielen anderen Gemengelagen tut. Ein kleiner, minimal invasiver Eingriff und zack, Geldverwaltungsproblem geheilt. Mir würde das natürlich nicht mehr helfen. Doch unzähligen Generationen bliebe die Schmach erspart, ihr Schwerverdientes für Unsinniges ausgegeben zu haben. Hach, so eine Therapie gegen Verschwendungssucht hätte ihr Gutes gehabt! Die Fragen der Freunde lauteten nicht mehr, was machst Du denn mit Deinem ganzen Schotter. Ich könnte sie einladen in mein abbezahltes Domizil in den Appalachen. Würde entspannt den Regenbogen betrachten, der sich freundlich über die ganze Stadt beugt. Vom Balkon meiner riesigen Dachgeschosswohnung, die clever in den Neunzigern zum Spottpreis angeschafft wurde. Ich denke ja, die Ursache des Ganzen sind meine Jugendjahre im nicht-kapitalistischen Ausland. Das kommunistische Weltbild steckt mir tief in den Knochen. Reichtum halte ich grundsätzlich für verdächtig. Und so bleibe ich eben ein, natürlich nur relativ, armer Schlucker, der selten den positiven Bereich seines Girokontos betritt. Sei’s drum. (ts)