Zwischen den Treppen

Die Treppen hinunter, vorbei am Nachbarn, der immer so freundlich grüßt. Er tut dies auf eine Art und Weise die vermuten läßt, er würde eine bekannte Person in mir erkennen. Hinaus auf die Straße. Slalom durch ungünstig abgestellte Leihroller und die dicht an dicht geparkten Autos angeknurrt. Das schon seit viel zu langer Zeit aufgestellte Baugerüst passiert. Nichts auf den Kopf bekommen. Da bin ich immer etwas ängstlich. Bei Gerüsten. Bauarbeiter sind nicht für ihre Unfallvorsorge bekannt. Über die Straße. Über die Straßenbahngleise. Rechts den Baucontainer liegenlassen auf dem „Pfuy Anton“ gesprüht steht. Was Anton wohl verbrochen hat? Links die Orthopädiepraxis an der zu den ungewöhnlichsten Zeiten eine lange Schlange mit abwesend schauenden Menschen den Bürgersteig verstopft. Heute rauchen nur zwei übergewichtige Herren im mittleren Alter am Eingang. Beim Durchschreiten des ausgeatmeten Tabakqualms halte ich die Luft an. Ich erreiche die Schule mit ihrer hübschen Fassade aus roten Klinkerbausteinen. Hier stehen, sollte gerade Pause, Schulbeginn oder Schulschluss sein, die jungen Menschen im Weg. Oder bin ich es, der sich frech einen Weg bahnt und sie nötigt einen Schritt beiseite zu machen? Die musternden Blicke der Schüler sind immer ein bisschen unangenehm. Kichert gleich eine Sechzehnjährige? Gibt’s einen Spruch eines Heranwachsenden? Ich erreiche mein Ziel. Der Supermarkt ist um diese Zeit noch leer. Schnell sind die Dinge im Einkaufswagen, die beschafft werden müssen. An der Kasse ein junger Mann mit Kinderwagen vor mir. Das Kind schläft. Ich erinnere mich, wie es war mit Kinderwagen an der Kasse zu stehen. Schade, dass man sich nicht daran erinnert im Kinderwagen an der Kasse zu liegen. Am Backstand ist keine geordnete Reihenfolge der Kunden erkennbar. Die drei Wartenden stehen chaotisch verteilt im Bereich davor. Irgendwann bin ich dran und bestelle, bezahle und verlasse den Supermarkt. Auf dem Weg zurück ein Blick rüber zum indischen Restaurant, das ich noch nie besucht habe. Es hat sich einfach noch nicht ergeben. Daneben der Spielplatz der um diese Zeit noch verlassen im Nieselregen liegt. Sicher kommt gleich eine Kindergartengruppe. Ich träume mich vorbei an der Schule, am Baucontainer auf dem immernoch „Pfuy Anton“ steht. Ein wie immer etwas irritierter Blick zum einsamen Teddy im Fenster der Zahnarztpraxis, die immer geschlossen zu sein scheint. Über die Gleise und über die Straße, unter dem Gerüst hindurch. Die Treppen wieder hinauf. Erst beim Aufschließen der Wohnungstür gelange ich wieder zu Bewußtsein. Nach dem Auspacken des Einkaufs setze ich mich auf’s Sofa und klappe das Notebook auf. Mal sehen was der Tag bringt. (ts)