Rhabarber, Rhabarber, Rhabarber

Es gibt doch nichts Schöneres als an einem warmen, heiteren Tag, mit einer Rhabarberschorle und einer albernen Sonnenbrille auf der Nase, in einem Liegestuhl in der Strandbar Mitte zu sitzen und auf die Museumsinsel zu schauen. Wenn man Glück hat, gibt es jemanden mit dem es lohnt zwischen dadaistischer Ernsthaftigkeit und melancholischem Frohsinn zu wechseln. Wenn man noch mehr Glück hat, überträgt die frische Luft Wohltönendes. Vorbei sind Gott sei Dank die Zeiten in denen entweder die Filmmusik aus Amelie oder der Buena Vista Social Club für Augenrollen sorgte. Eine tragende Rolle für den Erfolg dieses Tages spielt natürlich der Rhabarber. Rhabarber. Unscheinbar aber voller Qualitäten. Er drängt sich nicht in den Vordergrund wie seine extrovertierten Verwandten Mango und Pfirsich. Still genießt er seinen Ruhm. Ganz nach meinem Geschmack. Er weigert sich im Dezember Obst- und Gemüsehändler aufzusuchen. Es gibt ihn nur am 24. Mai. An diesem Tag konnte man mich mit meiner Oma im Garten verschwinden sehen. Rhabarber ernten. In der Küche putzen und schnibbeln. Ein riesen Topf aus der Waschküche wurde zum Rhabarberkochen umfunktioniert. Abfüllen in Gläser, Gummiring unter den Glasdeckel und große Metallklemmen, die Glas und Deckel für die Dauer des Abkühlprozesses aneinander pressen – wie ein Liebespaar, das sich lange nicht gesehen hat. Im Winter durfte ich dann Sonntags in den Keller ein Glas Rhabarberkompott holen. Ein Fest. Diese Erinnerung stellt sich bei mir ein, wenn ich glücklich eine Flasche Rhabarberschorle in der Hand halte. Keine große Sache. Mich lässt sie für einen Moment wohlwollend auf die Welt blicken. (ts)