Untertitel

Die aus meiner Sicht ungeeigneteste Art und Weise einen Kinofilm zu genießen, ist die mit Untertiteln. Schrecklich. Ich könnte mir auch gleich Audiospur und Textbuch des Films zusenden lassen. Vielleicht liegt es ja an mir. Meine Fähigkeit im Museum ein Bild zu betrachten und gleichzeitig dessen Beschreibung zu lesen, ist auf Grund meiner Anatomie beschränkt. Gelingt das anderen vielleicht besser? Ich vermute auf dem Planeten Chamäleonis II, der sein Doppelsternsystem auf einer etwas eigenwilligen Umlaufbahn umkreist, verursacht das keine Probleme. Doch hier? Es ist nicht sehr abwegig anzunehmen, dass sämtliche Augenfehlstellungen ihren Ursprung diesen Kinovorstellungen zu verdanken haben. Das sollte mal betrachtet werden! Ich vermag auch nicht der häufig gehörten Argumentation zu folgen, die die Auffassung vertritt, die Skandinavier sprächen wegen des Standards alle Filme mit Untertiteln an die Leinwand zu projizieren, fließend englisch. Mein Angelsächsisch wurde erst besser, nachdem ich englischen Originalen ausgesetzt war. Selbes Problem in der Oper. Man bewundert die kühnsten Bühnenbilder und Kostüme, lauscht gefesselt der Musik und soll zwischendurch die übersetzten Lyrics in der Rückwand des Sitzes vor einem studieren? Niemals! Ich fordere, dass dem umgehend Einhalt geboten wird. Notfalls per Präsidentenerlass. Obwohl ich zugeben muss, dass aktuell genug Forderungen aus allen erdenklichen Richtungen vorgebracht werden. Die unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen verlangen unablässig Widersprüchliches von ihren Volksvertretern. Die nicken nur noch freundlich resignierend in die Kamera. Es ist zum Verzweifeln. Ich rufe allen Melancholischen zu, Recht habt ihr mit eurer Schwermut! Lieber Autor, kannst Du die Untertitel nicht einfach ignorieren? Ja, in der Oper geht das wohl, doch im Filmtheater? Dort gelingt mir das überhaupt nicht. Ich hoffe auf eine zeitnah zu etablierende technische Lösung. Kann man den Cineasten, die gern Untertitel sähen nicht irgendeine Brille in die Hand drücken? Ich wäre sogar dazu bereit meinerseits magische Gläser zu tragen, die den ärgerlichen Buchstabensalat ausblenden. Aber lieber Autor, fallen Dir nicht auch ein paar berechtigte Konstellationen für den Einsatz von Untertiteln ein? Ja, natürlich, ich möchte mich hier aber bewusst auf das Negative konzentrieren. In Allem permanent nur das Gute zu suchen, führt zu Mittelmaß und Verdruss. Wo sind denn die Menschen mit den Stickern hin, auf denen nur ein simples „No!“ zu lesen war? Das Schlimme ist ja eigentlich, dass die Anzahl der untertitelten Vorstellungen zunimmt. Es ist ähnlich schwer Karten für eine in mühevoller Kleinarbeit übersprochene Aufführung zu ergattern, wie eine Zeitung ohne freche Forderungen auf Seite eins. (ts)