Unterwegs mit der Bahn

Ich sitze am Fenster. Schaue auf die vorbeifliegenden Herbstimpressionen. Es könnte mein Leben sein, das da an mir vorbeizieht. Sanfte Hügel, die sich behutsam über unbestellte Äcker erheben. Kleine Siedlungen. Man fragt sich, wie kommt es, dass man dort wohnt? In diesem alleinstehenden Haus im Nirgendwo. Ist es nicht so ähnlich wie eine Situation in die ich mal geraten war und nicht wußte wie mir geschah? See an See. Wäldchen an Wäldchen. All die Lebensabschnitte. Man rauscht an ihnen vorbei. Hinein ins nächste Abenteuer.

Zwei Stunden vorher beim Einsteigen. Dieser Augenblick beim Schritt in den Waggon. Man verliert den Kontakt zum Bahnsteig. Befindet sich nun im Zug der zaghaft losrollt. Was für ein toller Moment. Ich bin in Bewegung. Kurve um Kurve entferne ich mich vom langweiligen Alltag. Strebe dem Aufregenden entgegen.

Die Mitreisenden. Eine eigene Spezies. Durcheindergewürfelt. Aus allen Lebensbereichen bevölkern sie die Abteile. Sind beschäftigt mit ihren Tablets und Telefonen. Schlafen. Gucken aus dem Fenster. Sind unbekannt und doch in diesem Moment Teil meiner Welt. Die Mutter, die versucht ihr Kind zu beschäftigen. Gegenüber die Geschäftsfrau am Notebook. Neu Zugestiegene auf der Suche nach ihrem Platz. Und die Ausgestiegenen, die man als Mitreisender zuvor noch neugierig beäugte, nach ein paar Minuten sind sie für immer vergessen.

Ankommen ist schön. „Gerade angekommen.“ sage ich fröhlich ins Telefon. „Bin gleich bei Dir!“ Auf dem Bahnsteig bin ich von ankommenden Menschen umgeben. Ankommende Menschen sind anders als abreisende Menschen. Warum gibt es darüber keine Studien? Wann genau wird man von dem Einen zum Anderen? Auf halbem Weg? Ich werde das nächste Mal darauf achten. (ts)

Veröffentlicht am
Kategorisiert in Unterwegs