Die Abwesenheitsnotiz

Unlängst laß ich am schwarzen Brett meines Hauses folgende Nachricht. „Liebe Mieterinnen und Mieter. Ich befinde mich die zweite Augusthälfte im Urlaub.“ Weiter habe ich nicht gelesen, denn mir war sofort klar, das Haus fährt in den Urlaub. Es galt also für diesen Zeitraum eine neue Bleibe zu finden. Ich empfand größtes Verständnis für das Ansinnen des Gebäudes. Ständiges Kommen und Gehen, der Lärm der Bewohner. Alle kleinen und großen Sorgen der Mieter musste es verdauen. Selbstverständlich war das Mietshaus urlaubsreif. In Gedanken packte ich schonmal die Koffer. Eine Urlaubsvertretung war ja am schwarzen Brett benannt. Die kleine Pension um die Ecke. Wenig luxuriös aber mit Frühstücksangebot! Dort hieße es zusammenrücken, dieweil der angestammte Unterschlupf zwei Wochen seelige Entspannung sucht. Vermutlich an der Ostseeküste. Natürlich fährt eine Berliner Mietskaserne nicht an die Côte d’Azur. Die ist den Bungalows aus Wandlitz vorbehalten. Hach ja, das alte Haus. Gebaut vor hundert Jahren, hat sich’s verdient mal zu kurieren am Gott sei’s gedankt menschenleeren Strand. Der Wellnessanteil versorgt die Blessuren, zugefügt von unachtsam verrückten Möbeln. Bei einem Umzug neulich war sogar eine Fensterscheibe im Treppenhaus zu Bruch gegangen. Die Menschen, denkt das Haus, ein rücksichtsloses Völkchen. Den meisten fehlt Gespür für’s wohl temperierte Wohnen. Geflickt und guter Dinge kehrt es dann zurück an seinen Platz und öffnet uns die Türen. Wir alle strömen froh zurück unter’s bekannte Dach und fühlen uns gut aufgehoben im rundum erholten Haus. (ts)