von Wagen und Körben

Eben in der Kaufhalle, da wo die Einkaufswagen ineinander stecken. Ein jeder gekettet an seinen Vordermann wie damals auf den Galeeren die bedauernswerten Sklaven. Zwei Schlangen. Eine Variante für die Erwachsenen und eine Miniausfertigung mit Micky Maus Ohren. Dabei fällt mir ein, neulich hatte sich eine Frau einen geschnappt, der eigentlich für Kindergartenkinder vorgesehen ist. Die Normalen waren aus. An der Kasse dann stand hinter ihr ein Papa mit ungefähr vierjähriger Tochter. Den Einkauf unter die Arme geklemmt. Auch Körbe waren offenbar vergriffen gewesen. „Warum hat die Frau so einen Wagen?“ wurde er von seinem Nachwuchs gefragt. „Das möchte ich auch mal wissen!“ lautete die etwas anklagend klingende Antwort. Der Frau war das sichtlich unangenehm. Sie drehte sich um und sagte: „Es waren keine anderen da!“. Der Erziehungsberechtigte wollte allerdings keine große Szene machen und so wiegelte er ab. „Schon gut, kein Problem.“. Zurück zu mir. Ich will also gerade meinen Gitterrollkorb abgeben, als kurz vor mir ein betagter Herr in die Bucht einbiegt, um sich einen Einkaufswagen zu holen. Er tappste in Richtung Konsumbehältergaleere, steckte seinen Chip oder Euro ein und zog den Wagen ein Stück raus. Nur so weit, dass er seine drei Taschen in die Lore stellen konnte. Ich wartete geduldig. Der Greis drehte mir immernoch den Rücken zu. Nun suchte er offenbar noch etwas in einer seiner Tüten. Ich zückte sinnloserweise mein Telefon um mir die dreißig Sekunden Wartezeit mit dem Lesen von unwichtigen News zu vertreiben. Schließlich setzte sich der gemütliche Alte doch noch vorsichtig rückwärts in Bewegung. Mit mir auf gleicher Höhe nahm er mich das erste Mal wahr. Das schien ihn ein bisschen zu erschrecken. „Hätten Sie mal was gesagt, dann hätte ich mich beeilt!“. Kein Problem, gab ich zurück, ich hab’s nicht eilig, fügte ich noch schnell hinzu. Auf dem Heimweg dachte ich kurz, hätte ich tatsächlich etwas sagen können ohne wie ein absoluter Unsympath zu wirken? „Ey Opa, wird das heute noch was?“ bringe ich weder über meine Lippen, noch durch meine Neuronenstruktur. Eher würde ich wie der bereits erwähnte Papa abdrehen und den Versuch unternehmen, die Wunschprodukte in einem vom Oberkörper geformten Warenkorb zur Kasse zu balancieren. Dort träfe ich vermutlich auf meine mit losem Obst und Gemüse jonglierende Blog-Kollegin, die, wie wir aus einem ihrer Texte wissen, dazu neigt, den Umfang ihres Einkaufs zu unter- und den ihrer Arme zu überschätzen. Es ist nicht auszuschließen, dass sich ein kleines applaudierendes Publikum gebildet hat, das die Angelegenheit für eine spontane artistische Vorstellung hält. Beim Verlassen des Geschäfts werfe ich zumeist noch einen kurzen Blick auf das Schwarze Brett und wundere mich jedesmal über die angebotenen Gegenstände und Leistungen. Der Große Brockhaus und Computer-Nachhilfe-Kurse. Ich wünsche den Inserenten viel Glück. Sie werden es brauchen. (ts)