Die Brutalität der Welt

Ganz besonders in Zeiten wie diesen, wird schmerzhaft in Erinnerung gerufen, welche Brutalität der Welt inne wohnt. Man kann das in Momenten persönlichen Glücks verdrängen. Eine lebensnotwendige Fähigkeit. Wir ahnen allerdings, dass uns die Welt nicht liebt. In der hervorragenden TV-Show „1883“, die von Siedlern erzählt, die mit Planwagen in den Westen der Vereinigten Staaten ziehen, gibt es dazu eine erhellende Szene. Gezeigt wird die Schönheit der Prärie, die Anmut der Berge, die wir Menschen so sehr bewundern. Die Grashalme wiegen sich in sanftem Wind. Die Kamerafahrten berauschen sich an grünen Tälern, durch die sich wilde Bäche schlagen und eisigen Gipfeln. Aber dann sehen wir auch die Fehlschläge, ausgebrannte Siedlungen, Leichen von dahingemetzelten Emigranten. Der Klapperschlangenbiss, der Sturz in die Tiefe. Die ruhige Stimme der Hauptdarstellerin aus dem Off gelangt zu der Erkenntnis, dass uns die Natur, die Erde, nicht zurückbewundert. Wir sind ihr gleichgültig. Das ist schwer zu ertragen. Liebe Erde, ich hätte nächsten Donnerstag um drei eine halbe Stunde Zeit. Da würde ich dann gerne mal über ein paar Themen mit Dir sprechen! Die unerbittliche Wahrheit ist, mit Planeten kann man keine Termine machen. Sie umkreisen ungerührt ihr Zentralgestirn. Oder noch viel schöner, einen Doppelstern. Nicht gewahr des Umstands, dass wir auf ihnen herumwuseln, eingequetscht zwischen unserem Streben nach Glück und dem Unglück der Anderen.

Was könnte uns armen Menschlein etwas Trost spenden? Nun, das scheint sehr individuell zu sein. Der Eine sucht die Gesellschaft von Gleichgesinnten um sich der Verzweiflung hinzugeben, die Andere geht in schaurig schöne Kathedralen und bittet übernatürliche Wesen um Beistand. Ich persönlich bin Meister der Verdrängung mit Tendenz zum Optimismus. Ich freue mich, wenn mich eine asiatisch aussehende Jugendliche in perfektem deutsch um eine Auskunft bittet und damit meine Erwartungen über den Haufen wirft. Ich bin begeistert, wenn Straßen Radwegen weichen. Wenn Menschen Bürgersteige bepflanzen. Das empfinde ich als tröstend.

Eine humoristische Betrachtung dazu liefert die Führungsebene des Raumschiffs Enterprise. Spock zu Kirk als er feststellt, dass die Menschheit des 21. Jahrhunderts den Planeten ruiniert und damit auf einem guten Weg ist, sich die Lebensgrundlage zu entziehen: „Aber das ist doch nicht logisch!“ Darauf Kirk verschmitzt lächelnd: „Wer sagt denn, dass die Menschen logisch sind?“ (ts)