Der Hummelkönig im Baumgefieder

Als ich neulich durch den herbstlichen Park schlenderte, dachte ich so vor mich hin, meine Güte, Gott sei Dank bin ich keine Hummel. Die putzigen Insekten werden zwar von allen geliebt, doch was geschieht wenns kalt und dunkel wird? Sie gehen jämmerlich zu Grunde. Da bin ich doch lieber ein kluger Mensch, der wärmende Hügel sich errichtet. Unverzichtbar als Rückzugsort im Winter! Allzuoft stand ich durchgefroren bis auf die Knochen minutenlang am heißen Kachelofen. Es war zu schön im tiefen Schnee zu toben. Doch nun war ich nur noch ein kleiner, bibbernder Eiszapfen. Die Oma mahnte: „Junge, pass auf mit Deinen Händen! Du bekommst Heißkrebbeln!“. Die Jugend, wir wissen es, hört niemals auf den Rat der Alten und so musste ich höllische Schmerzen durchleiden, als wieder warmes Blut durch meine eisig kalten Finger floss. Sie hatten zu lange in erst nassen und später frostigen Handschuhen gesteckt. Kindheitserinnerungen. Ein anderes Mal, ich war erst vier, wurde ich schreiend vom Spielplatz kommend meiner Mutter übergeben. Die Frau die mich betreute, hatte keinen Schimmer was mich quälen könnte. In der Wohnung angekommen ging das Rätselraten weiter. Der von Großmutter gestrickte Pullover wurde erstmal ausgezogen um mich auf etwaige Schäden zu untersuchen. Und siehe da, eine Hummel hatte sich unter meinen Pulli verirrt und flog nun glücklich aus dem Fenster. So muss es jedenfalls gewesen sein will man den Erzählungen glauben, die zu Weihnachten mit schöner Regelmäßigkeit wiederholt werden. Nur der Moment der Befreiung ist eingebrannt in meine Seele. Alles andere ist verschwunden. Vielleicht auch überschrieben von Ereignissen, die, ist man noch ein Kind, so fantastisch und aufregend erscheinen. Sommer verbrachte ich im Dorfteich mit anderen Rabauken. Aufgebracht schnatternde Enten suchten das Weite. Nicht so die Gänse! Mutig wurde das Revier verteidigt, sodass gelegentlich nicht sie, sondern wir Reißaus nahmen. Den Herbst erlebte man zumeist auf Zwetschgenbäumen in Nachbars Garten. Die Blätter fielen schon zahlreich sanft zu Boden und gaben den Blick frei für den selten wachsamen Pflaumenbaumbesitzer, der uns dann schimpfend von seinem Grundstück jagte. Ich sollte mal wieder nach dem Rechten sehen im alten Dorf, das meine ganze Welt einst war. Schließe ich die Augen, kann ich die geheimnisvollen Wäldchen und quakenden Tümpel wieder auferstehen lassen. Die kleinen Straßen, holprig gepflastert und selten befahren. Nur zur Ernte bestaunten die Kinder Mähdrescherkolonnen. Ich fürchte die Realität würde mich enttäuschen. Und so bleibe ich lieber in der großen Stadt und denke gern zurück an Zeiten, in denen ich mehr draußen war als drinnen. Mehr Stunden auf Kirschplantagen verbrachte als auf der Schulbank. Heute meide ich die Natur. Aber am warmen Kachelofen stehen, das fände ich auch jetzt noch toll. (ts)