Schlüsselszenen

Warum ich nun weiß, dass die BSR gut daran tut, immer und immer wieder zu wiederholen, was Mülltrennung ist.

Einmal, als mein Tag schon damit anfing, dass ich mich endlich an Formulare gesetzt hatte, um sie zusammenzustellen und an die Behörde zu schicken, die sie haben wollte, bekam ich schlechte Laune.
Denn meine Unterlagen waren nicht so sortiert, wie ich es gedacht hatte. Die Folge davon:  Ich musste in den Keller. Ich klappte dort Ordner auf und zu und fand die Formulare nicht. Und überlegte, wie ich sie mir neu beschaffen könnte, während ich aus dem Kellerabteil ging und das Vorhängeschloss zuklickte.
In dem Moment klickte es auch in meinem Hirn.
Mein  Schlüsselbund … lag noch IM Kellerabteil. 

Ersatzschlüssel

Ich klopfte bei meiner Nachbarin. Sie hat viel und sehr gutes Werkzeug. Wirklich viel. Leider nicht die benötigte Flex. 
Meine Schwester hat einen Ersatzschlüssel. 
Ich konnte sie anrufen und sie war zum Glück zuhause. Denn wegen der fehlenden Kellerbeleuchtung hatte ich ausnahmsweise das Telefon dabei: als Taschenlampe. Und – ebenso ausnahmsweise – auch den Autoschlüssel. Denn den Weg in den Keller hatte ich genutzt, um eine Kiste für das Spendenwarenhaus aus der Wohnung ins Auto zu stellen. Einige meiner Freunde schütteln über mich den Kopf: „Immer räumst du auf“, sagen sie. 
Ich verrate es Ihnen: Ich räume längst nicht so viel auf, wie ich es erzähle. Aber irgendwie explodiert mein Besitz immer einmal wieder und dann halte ich es nicht mehr aus. Und erzähle eine ganze Weile verzweifelt darüber.
Und irgendwann miste ich aus. 
Und dann geht es wieder von vorne los. Ich interessiere mich leider für viel zu viele Dinge. Ich holte mir also den Ersatzschlüssel von meiner Schwester und kam so wieder in die Wohnung. 
Weil aber mein kompletter Ersatzschlüsselbund leider nicht an dem Ort war, wo er hätte sein sollen, kam ich noch immer nicht in mein Kellerabteil. Ich versuchte locker zu bleiben, meine Laune sank jedoch weiter.
Also rief ich einen Schlüsseldienst an. 

Schlüsseldienst


Der erste wollte über 100 € und sagte, genau könne er das erst vor Ort sagen. Ich schluckte und mir kam eine Schlüsseldienstgeschichte eines Freundes in den Sinn: Sie eskalierte dramatisch, in Worten und auch in Geldbeträgen, nur knapp nicht in Handgreiflichkeiten. Also bedankte ich mich und rief einen weiteren an. Der war nett und günstiger und auch noch schnell und fröhlich und ich konnte mit ECKarte zahlen. Zwei Stunden später flexte er das Schloss auf. Und der Betrag, den er am Anfang nannte, war auch der, den ich zahlte. Und es waren knapp 50 €.
Ich zahlte, stiefelte in den Keller, holte meinen Schlüsselbund heraus und ging in meine Wohnung, um sofort ein neues Vorhängeschloss anzubringen.  Denn in meiner Schlüsselschublade gibt es rätselhafterweise einen Vorrat an Vorhängeschlössern. Also konnte ich das Kellerabteil gleich wieder verschließen. 
Dann hob ich das kaputtgeflexte Schloss auf und zwang mich, es gleich in die Mülltonne zu bringen. Als ich es in die große Tonne warf, klimperte es in meinem Gehirn. 
Moment …  In meiner Hand bzw. in meinen Taschen befanden sich alle Schlüssel … bis auf die, die zu dem neuen Schloss gehörten. 

Mülltrennung

Und, habe ich es getan? 
Ja. Ich habe in einer dieser sehr großen grauen Restmülltonnen im Müll von fremden Leuten gewühlt. 
Und so gesehen was da alles in der Restmülltonne lag. 
Nun war ich nicht nur wütend auf mich selbst, sondern auch noch entsetzt über meine Nachbarn: Es war alles gemischt, noch nicht einmal Papier war getrennt. Das Wenigste davon war Restmüll. Es gab Papier in Plastiktüten, Plastik in Plastiktüten, Kompost in Plastiktüten. Nur Glas fehlte erstaunlicherweise. 
Bei uns im Hof stehen Tonnen für Plastikmüll, Papier, Restmüll und Kompost. Ok, da auch die Papier- und die Plastiktonne immer voll sind, trennen die meisten Nachbarn. Aber es gibt offensichtlich immer noch Menschen, die sich im wahrsten Sinne des Wortes einen Dreck um Mülltrennung kümmern. 
Ja. Nun weiß ich,  warum die BSR immer wieder über die Mülltrennung informiert.
Nebenbei habe ich überlegt, wie das wohl aussieht, wenn mich jemand vom Balkon aus sieht: Das Hinterteil einer durchschnittlich gekleideten, gut 50jährigen Frau hängt über den Rand einer großen, grauen Mülltonne, zappelnde Beine zeugen von der Bestrebung, nicht in die Tonne zu fallen.  Aus der Tonne sind wilde Beschimpfungen zu hören. 
Sagen Sie gerne Bescheid, falls Sie ein entsprechendes Video auf Youtube entdecken. Hat die später dann aus der Tonne auftauchende Frau in dem Video rötliche Locken, trägt eine graue Jacke und Jeans? Das bin wahrscheinlich ich.


Den neuen Schlüssel habe ich übrigens nicht wiedergefunden. Weder in der Tonne noch an einem anderen Platz. 
Aber die Nachbarin mit dem guten Werkzeug hatte dieses Mal zwar immer noch nicht das passende Werkzeug, aber den entscheidenden Tipp: 
Es gibt einen Hausmeister. Den rief ich nun an. 
Und als er auf meine Frage, ob er eine Flex habe, mit:  „Ja“ antwortete, und ich in Jubel ausbrach, mussten wir zum Glück beide lachen. 

(aw)