Ein für alle Mal

Neulich beim Gespräch am Frühstückstisch. Thema fällt auf Ausstellungen im ganz Allgemeinen. Tochter: „Da war ich schon mal“. Als ob ein Museumsbesuch eine einmalige Sache wäre. Nichtsdestotrotz ein sehr interessanter Gedanke, den ich hier gern ein bisschen weiterspinne. Abgesehen von der Oper lohnen nur wenig Mehrfachbesuche ein und derselben Attraktion. Warum sollte ich nochmal ins Filmtheater gehen? Es gibt bewegte Bilder zu sehen. Das Konzept habe ich mittlerweile verstanden. Oder ins Gasthaus. „Ich weiß nicht woher dieser Fetisch stammt, ständig ins Restaurant zu rennen!“ fragte die andere Tochter unlängst. Überhaupt, dieses andauernde Geesse und Getrinke. Irgendwie zermürbend. Und dann heißt es schon wieder, komm‘ wir packen einen Picknickkorb und radeln in die Heide. Nein, danke! Ein Ausflug in die andere Betthälfte ist mir Exkursion genug. Ohne Unterlaß soll man sich Land und Leute anschauen. Um seinen Horizont zu erweitern. Menschen, die glauben ihren Horizont erweitern zu müssen, können mir gestohlen bleiben. Ich erteile also dem potentiellen Langfinger, der mich von solchen Zeitgenossen befreit, vorauseilende Absolution. Hinzukommt zu einem nicht unwesentlichen Anteil des Tages, die Rechthaberei. Alle müssen ununterbrochen Recht haben. Vor, während und nach einem Gespräch muss notariell beglaubigt werden, dass man Recht hatte. „Seht ihr? Ich hatte Recht!“ – hallt es noch lange nach dem Verschwinden der Menschheit aus den tiefen des Sonnensystems. Das Schlimmste allerdings sind Nachrichten. Mir hat in der Retrospektive die Tagesschau vom ersten Juli Neunzehnhundertziebzig vollkommen gereicht. Ein ganz beliebiges Datum. Ich schlage vor wir lassen das einfach mal für eine Weile mit den News. „Die nächsten Tagesthemen sehen Sie in einem Jahr!“, wäre mal eine schöne Verabschiedung von Herrn Zamperoni. Zum Schluss vielleicht noch auf ein Wort zum festen Aufenthaltsort. Dieses Wohnen ist mir ein Graus. Permanent muss man einen abgeteilten Bereich eines Hauses besiedeln. Das stelle ich jetzt einfach mal in Frage. Wäre es nicht sinnvoller auf einer schwimmenden Insel den Fluss hinabzutreiben? Gen Meer! Das hätte auch den Vorteil, dass man nicht mehr über die Straße gehen müsste. Auch so ein Ärgernis. Mehrfach am Tag muss ich die Trassen überqueren. Mir ist keine einzige Person bekannt, die davon schwärmt wie herrlich es sei, auf Asphaltpisten um sein Leben zu rennen. Nein, ich genieße lieber die Flussfahrt mit Sonnenhut. Die Füße planschen im Wasser, vom Ufer winken Menschen, die man nie wiedersieht. An der Küste angekommen, setze ich mich an den Strand, beobachte die Schiffe in der Ferne und genieße die Seeluft. (ts)