Lernwiderstand

Nachdem mich meine Mitstreiterin in puncto Blog, auf einen Schreibfehler hingewiesen hatte, ich anmerkte, dass ich das immer falsch schreibe, rief sie mir noch aus dem Erkerfenster ihres Stadtschlosses die Anweisung hinterher, dass wir doch mal etwas über Fehler schreiben sollten, die uns immer wieder passieren. Fehler also, die eigentlich nicht mehr begangen werden müssten, weil die Korrektur wenigstens einmalig erfolgt ist. Offenbar genügt diese Einmaligkeit nicht immer um sich im Gehirnskasten, wie meine Oma immer so schön gesagt hat, festzusetzen. Ohnehin ständig vom Wunsch beseelt Wörter in angenehmer Weise aneinanderzureihen um damit Informationsgewinn und Unterhaltung zu ermöglichen, stimmte ich dem Vorhaben ohne großes Aufheben zu. Eigentlich unnötig zu erwähnen. Üblicherweise folgt man Verlautbarungen die aus, wenn auch nur erdachten, Erkerfenstern verteilt werden. Beginnen wir mit meiner Konfektionsgröße. Man sollte annehmen ein erwachsener Mann kennt die seinige. Weit gefehlt. Ich habe nicht den blassesten Schimmer. Die Ziffern, die auf den Schnipseln stehen, die in Kleidungsstücke eingenäht sind, sagen mir gar nichts. Ich vermute Schikane der Textilindustrie. Um Menschen wie mich in den Wahnsinn zu treiben, ändern sie monatlich die Kriterien, nach denen die Größen klassifiziert sind. „Ihnen könnte eine Zweiundfünfzig passen.“, rät die freundliche Fachverkäuferin, nachdem sie mich eine Weile hilflos durch Hosen blättern sehen hat. „Aha, danke.“, gebe ich erleichtert zurück. Beinkleid geschnappt, anprobiert, gekauft. Nächstes Jahr werde ich wieder dasselbe durchleiden. Ein anderer Groschen, der einfach nicht fallen will, ist die jeweilige geografische Zuordnung der Oranien- und der Oranienburgerstraße. Muss ich jetzt nach Mitte oder nach Kreuzberg? Ich kanns mir einfach nicht merken. Fünfunddreißig Jahre Rucksackberlinerdasein, so nennen Eingeborene Zugezogene, haben nicht ausgereicht um den Sachverhalt zu verinnerlichen. Auch ein spannendes Thema. Wann sollte etwas ausreichen? Wann ist es genug? Oder auch, wann hat man die Nase voll? Gibt es eine Sparte der Wissenschaft, die sich damit beschäftigt? Die Lehre von der Erschöpfung? Nein? Schade. Einem Plagiator in spe empfehle ich einen Blick auf diese Rubrik, bevor er zum Pauspapier greift. Zuguterletzt räume ich ein, dass ich nie darauf wetten würde, ob nun konkav oder konvex nach innen gewölbt ist. Es gibt sicher eine ganz tolle Eselsbrücke, aber ist es nicht ganz schön jedesmal über diese kleinen Dinge zu stolpern? Immer und immer wieder? Ich denke, ja. Eröffnen uns diese Inseln des Lernwiderstands doch den Raum, die Fähigkeit zu trainieren, über uns selbst den Kopf zu schütteln. (ts)