Fehlleistung und Irrtum

Prolog. Die Überschrift des Textes erinnert mich nach mehrmaligem Lesen an den Filmtitel „Narziss und Psyche“. Ein merkwürdiger Streifen aus den Achtzigern. Er war als subversiv beleumundet und so zog es mich damals ins Kino. Den Namen des Films habe ich, im Gegensatz zu dessen Inhalt, nicht vergessen. Muss mich damals sehr beeindruckt haben. Tut er anscheinend immernoch. Narziss und Psyche. Meine Güte!

Ich halte es für geboten, zwei von meinem Denkapparat angefertigte Fehlleistungen zu dokumentieren. Jeder Mensch kennt das. Von Slapstick bis peinlich. Gestern also im Laden an der Kasse. Ich hatte noch vor, anschließend an den Backstand zu treten und Brot zu kaufen. Verträumt stehe ich nun da wo die Waren angerutscht kommen, nachdem die Kassiererin alles schön eingepiepst hat. Dann fragt sie mich: „Mit Karte?“. Ich entgegne, während ich völlig unnötig abgelenkt eine Email am Mobile lese: „Ein halbes Falken geschnitten bitte.“ Sofort fällt mir auf, ich bin am falschen Platz für diese Bestellung, lache und sage: „Sorry, voll verpeilt.“ Die Kassiererin lacht auch. Beim Verlassen des Geschäfts feixt sie mich nochmal an. Ich feixe zurück. Man sollte mindestens einmal täglich feixen, denke ich noch. Das Durchschreiten der automatisch öffnenden Tür quittiert diese mit einem wie Kichern klingenden Quietschen. Sie hatte alles mit ansehen müssen.

Die zweite Fehlleistung ist auch erst ein paar Tage her. Wenn ich den Müll runterbringe, behalte ich gern den Wohnungsschlüssel in der Hand und umfasse mit den Fingern der selben Hand den Bund der Mülltüte. Auf dem Hof angekommen also Deckel der Mülltonne mit der linken Hand aufgehalten und schwungvollem Wurf die Mülltüte in die Mülltonne geworfen. Dummerweise entschied sich mein Gehirn den Schlüssel statt die Mülltüte aus der Umklammerung freizugeben. Den flexiblen Abraumbehälter noch in der Hand haltend, sehe ich den Schlüssel in den Container fliegen. Zu allem Überdruß war er bereits halb gefüllt. Den Schlüssel wieder herauszubekommen erforderte nun unappetitliche Maßnahmen.

Der im Allgemeinen uneinsichtige Bruder der im Allgemeinen unaufmerksamen Fehlleistung, ist der Irrtum. Ach, wie oft habe ich schon geirrt. Oder mich geirrt, wie es interessanterweise umgangssprachlich heißt. Es gibt große und kleine Irrtümer. Lustige und weniger lustige. Geflunkerte und ehrliche. Letztes Jahr im Sommer war ich hoch erfreut noch Karten für Don Giovanni zu ergattern. Zylinder, Schal und Freundin geschnappt und los gings. Auf in die Oper. Es dauerte überraschend lange bis wir bemerkten, dass wir exakt diese Aufführung ungefähr ein Jahr vorher im selben Haus schon besucht hatten. Die Ansicht, dieses Stück noch nicht gesehen zu haben, war wohl ein Irrtum. Hier noch eine Panne. Unlängst hatte ich eine falsche Uhrzeit für eine Verabredung im Kopf und kam dann eine halbe Stunde zu früh zum Essen bei Freunden. „Du bist zu früh!“ wurde mir herzlos beschieden. Dreißig Minuten allein auf die Strafbank – in diesem Fall glücklicherweise ein gemütliches Strafsofa.

Epilog. Liebe Lesende. Lesende? Liebe Leserinnen und Leser, ihr seht, ihr seid nicht allein mit euren Fehlleistungen und Irrtümern! Alle verlieren ab und an den Verstand. Irgendwie beruhigend. So sind alle Menschen vereint in Scheitern und Versagen. (ts)