Kleine Lebenslaufvariation

Die Geschichte beginnt in der Vergangenheit. Kaum zu glauben, aber so fing tatsächlich alles an. Der Autor betrat die Weltenbühne auf einer im warmen Sonnenschein liegenden, von riesigen Eichen begrenzten, Lichtung. Seine Großeltern spazierten arglos ihres Weges, als, wie aus dem Nichts, eine freundliche Elchkuh zwischen hohen Gräsern erschien. Im Maul trug sie einen geflochtenen Korb. Darin ein friedlich schlafender Säugling. Aus dem Hintergrund waren sanfte Harfenklänge zu vernehmen. Das Försterehepaar begriff dies als Geschenk der Tiere des Waldes und nahm die Gabe mit in ihr verträumtes Dorf am Rande des Gehölzes. Die Dorfältesten entschieden alsdann, das mysteriöse Wesen müsse vom Nachwuchs der Altvorderen aufgezogen werden, die es der Ansiedlung eingebrockt hatten. Und so wuchs er zwischen Wiesen und Feldern, Bächen und Seen wohlbehütet auf. Die Jahre gingen ins verschlafene Land, er gewann an Reife. Schlittschuhlaufen auf dem gerade mal so zugefrorenen Dorfteich, Flucht vor aufgescheuchtem Bienenvolk. Der junge Mann brachte seinen Schutzengel ins Schwitzen. Baumhäuser wurden errichtet und Schafe von der Weide gejagt. Viel zu schnell brach die zweite Lebensdekade an. Eine Wagenkolonne verbrachte ihn, auf Geheiß der Mutter, unverlangt an einen anderen Ort. Nun galt es wohl, sich in einer abgelegenen Vogtei zu beweisen. Dort bestand er eine ausreichende Anzahl der ihm auferlegten Prüfungen und wurde durch die Kobolde der Auen, durch die er zu streifen pflegte, für tauglich befunden, seine Geschicke in die eigenen Hände nehmen zu können. Es folgten Professuren bei den verschiedensten Adelshäusern. Verdingt hatte er sich stets für den Lehrstuhl der Droschkenlenker. Doch manche streben nach Höherem und so zog er eines Tages voller Tatendrang in die Fremde. Nach einer kraftzehrenden Wanderung durch unwegsame Wildnis, verfolgt von den Bütteln der Feudalherrschaft, wurde schließlich ein großes Schloss erreicht, in dem er die Bekanntschaft von freundlichen Zwergen, holden Burgfräuleins und gutmütigen Riesen machte. Aus den Begegnungen mit zwei wundersamen Feen entsprangen später drei Töchter. Eine schöner und klüger als die andere. Auch diese sind mittlerweile der Kinderstube entwachsen und bereichern mit ihrer Anmut und ihrem unbändigen Willen das Leben der Menschen in ihrem Einflussbereich. Jetzt stehen die Winde wieder gut für neue Abenteuer. Sein quengeliges Unterbewusstsein, auch getrieben von einer einfühlsamen Muse, hat endlich mehr Raum auszubrechen. Mit etwas Glück, wird er jetzt eine angemessene Zeit damit verbringen dürfen, Gedankengut anzuhäufen, Feste zu begehen und die Momente der Personen seines Umfeldes zu mehren, die uns nachsichtig auf unser Schicksal blicken lassen. Bis er dereinst, gehüllt in seidene weiße Laken, die Augen schließen und Platz für die nächste Generation machen wird. (ts)