Ein charmanter Nachteil

Eigentlich geht es in diesem Text nicht um charmante Nachteile. Ich finde nur den Ausdruck erfrischend. Hier soll es um Musik gehen. Um lebendige Musik von verstorbenen Künstlern. Natürlich gibt es auch tote Musik von lebenden Künstlern. Viel zu viel wenn man mich fragt. Karlheinz Stockhausen hat mal von einer großen Wochenzeitung eine Sammlung dieser Kategorie zur Kritik zugesandt bekommen. Auf Kassette. Herr Stockhausen bestand darauf. Die Beurteilung war niederschmetternd. Hängengeblieben ist bei mir der Ausdruck „angeberischer Titel“, mit dem die Namen einiger Songs bedacht wurden. Auch die anderen beiden Kombinationen in puncto lebendig – tot, finden hier keine Betrachtung. Mir fiel allerdings unlängst auf, dass es mich sehr rührt, großartige Musik von bereits dahingegangenen Komponisten zu hören. Wie traurig, dass sie nicht mehr unter uns weilen. Keine neuen wundervollen Momente erzeugen können. Und wie schön, dass sie in Erinnerung bleiben durch ihr Wirken, das mich über ihren Tod hinaus erfreut. Die Nostalgie befeuernd ruhen sie in, von der jungen Generation ungläubig bestaunten, Schallplattensammlungen. Man büßt beim Älterwerden nicht nur Freunde, Bekannte, Familienmitglieder und eigene Flexibilität ein, nein auch die musikalischen Helden der Jugend siechen dahin. Verschwinden. Aber nicht ganz. Hier und da bahnen sich Rhythmen und Melodien einen Weg aus dem Unterbewusstsein an die Oberfläche. Überraschen uns. Und verschwinden plötzlich wieder wie ihre Schöpfer. Eigentlich doch schon auch ein charmanter Nachteil dieses Altern. (ts)