Im Frühstück Gedanken

Manchmal verliert man Menschen aus den Augen. Doch sie sind nicht ganz verschwunden. Aus dem sprichwörtlichen Sinn sind sie nicht. Ich denke doch ab und zu an sie. An die Freundin mit der ich im Streit auseinandergegangen bin. Der Snookerpartner, der eine alternative Richtung eingeschlagen hat. Sie alle existieren auch weiterhin. Irgendwo. Leben ihr Leben. Genau wie ich. Mitunter sieht man sie wieder, läuft ihnen über den Weg. Nach vielen Jahren vielleicht. Bleibt kurz stehen und versucht zu erspüren ob da noch etwas ist. Oder ob jede Verbindung die mal bestand, erlosch. Warum? Schwer zu sagen. Es kommt vor, ich besuche sie im Geiste. Dann träume ich mitten am Tag Ereignisse, die wir zusammen erlebten, noch einmal. Kann auch sein ich gehe mit den Verschollenen ein paar Schritte, wandle auf Pfaden die einst nur uns beiden gehörten. Doch noch viel öfter sieht man sich nicht wieder. Das finde ich seltsam. Stand man sich doch mal recht nah. Hast Du von der mal wieder was gehört? Die Frage richte ich gelegentlich an Bekannte, die als Brücke ins Reich der ehemaligen Liebschaft fungieren. Über ein paar Ecken besteht nach wie vor ein hauchdünner Draht. Doch auch diese Fragen stelle ich irgendwann nicht mehr. Dann ist das schmale Band, das es zwischen uns noch gab, endgültig vergangen. Aus den unterschiedlichsten Gründen ist es zugleich möglich, sich selbst aus den Augen zu verlieren. Gerade heutzutage. Viel zu oft blättere ich abgestumpft und kopfschüttelnd auf meinen Mobilgeräten durch einen Wald von Geschmacklosigkeiten. Schaffe es nicht mich aufzuraffen und verstecke mich in meinen vier Wänden. Kurz vorm Ende unseres Ausflugs in die Existenz dann, sitzen wir allein auf der Veranda und schmollen in den Sonnenuntergang. Das Wichtigste überhaupt wurde vergessen. Kontakte, die uns inspirieren, neue Dinge auszuprobieren. Wohlgesinnte für’s gemeinsame vom Fünf-Meter-Brett springen. Das Leben ist wie eine Badewanne voll klitzekleiner Seifenblasen. Jede Einzelne eine Idee, ein Impuls. Wir suhlen uns selbstgefällig im warmen Wasser und pusten den Schaum vom Handrücken, schließen die Augen. Nach einer Weile öffnen wir sie wieder und stellen fest, wir liegen nur noch in einem trüben Dorfteich umgeben von Nebelschwaden. Eine viel zu lange Flaute in puncto Interaktion hat zu sanfter Melancholie geführt. Dann muss ich zum Hörer greifen können! Der einfache Plan: Eine verwandte Seele anrufen, mit der ich neuen und so immens belebenden Schaum schlagen kann. (ts)