Die Baderöhre

Um Modernität vorzutäuschen und nebenbei Menschen die des Deutschen nicht mächtig sind eine Anstellung zu ermöglichen, wurde am Arbeitsplatz handstreichartig das Englische zur Standardsprache erhoben. Begleitend gibt es Unterricht. Per Videokonferenz. Dort sitzen dann maulfaule Nerds und quälen die Lehrerin mit einsilbigen Antworten. Also redet sie die ganze Zeit. Hier und da schwinge ich mich jedoch zu einem gewandten Monolog auf, bei dem ich selbstverständlich rasch den Faden verliere. Obendrein forme ich oft auch unfreiwillig unrichtige Wörter. Neulich sagte ich Bath-tube statt Bathtub und wurde ausgelacht. Nach der Schulstunde beleuchtete ich das Ergebnis des Aussprachefehlers nochmals mittels Gedankenkraft. Eine Baderöhre. Moment mal! Klingt doch fantastisch! Boba Fett, erdachter Held einer Seifenoper die in der Zukunft spielt, liegt doch auch in solch einer Konstruktion um zu regenerieren. Vollständig unter Wasser schwebend, nur ausgerüstet mit einer Atemmaske. Diese Gerätschaft halte ich für sinnvoll und würde sie gern mein Eigen nennen. Doch der Ottokatalog bietet nichts Vergleichbares. Auch die Warenwälzer der konkurrierenden Unternehmen enttäuschen mit ihrem Sortiment. Die Bevölkerung scheint nur Handtücher und Töpfe zu benötigen. Mit dieser Einordnung diffamiere ich Geschäfte des jährlichen Bedarfs, die größtenteils Unsinn gelistet haben. Ein Blick ins Schaufenster und mir ist wiedermal klar, Handtücher und Töppe. Ich geh‘ am Sonnabend einfach mal auf den Flohmarkt. Noch so eine Faszination, die sich mir kaum erschließt. Nichts als Schallplatten mit singenden Fußballstars der Vergangenheit, billige Klunker und sperrige Regulatoren. Aber vielleicht habe ich ja Glück und ich werde dort wider Erwarten fündig. Das wäre sehr aufregend. Vermutlich wäre dies ähnlich aufwühlend, wie es sein muss, einen Greifvogel auf der Hand zu halten. Die eig’ne Haut wohl geschützt durch Falknerutensil. Auf dem Sektor muss ich ohnehin sehr bald tätig werden, um der Taubenplage hier in der Umgebung Herr zu werden. Ich sehe mich schon auf dem Balkon stehen. Milan und Autor beäugen wachsam das Geschehen in den Lüften. Vermaledeite Tauben! Obwohl ich sagen muss, dass sie die Anpassung ans dritte Jahrtausend besser hinbekommen haben als Me, Myself & I. (ts)